Artists in Residence


Die KfW Stiftung realisiert in Kooperation mit dem Künstlerhaus Bethanien Berlin ein Atelierprogramm, das Nachwuchskünstler*innen aus Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Asien einen zwölfmonatigen Aufenthalt in Berlin ermöglicht.

Stipendiat*innen

Partner

Villa 102

Künstlerische Produktion, Experimente und kritische Reflexion sollen ebenso gefördert werden wie der Austausch mit anderen Kunst- und Kulturschaffenden. Die Infrastruktur und das internationale Umfeld des Künstlerhauses bieten hierfür eine Plattform. Das Atelierprogramm fördert internationale Vernetzung und will die Auseinandersetzung mit geografischen und kulturellen Prägungen hin zu neuen Denk- und Arbeitsweisen anregen. Zum Abschluss des Aufenthalts erhält jede*r Stipendiat*in eine Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien und die Gelegenheit, einen Katalog zu produzieren.

Artists in Residence
Artists in Residence

Auswahlverfahren

International renommierte Kurator*innen, Kritiker*innen und Künstler*innen, die in verschiedenen Regionen in Afrika, Asien, Lateinamerika und dem Nahen Osten tätig sind, nominieren herausragende Nachwuchskünstler*innen. Direktbewerbungen sind nicht möglich. Eine Fachjury entscheidet über die eingereichten Bewerbungen. 

Jury 2020: Dr. Mahret Ifeoma Kupka (Museum Angewandte Kunst Frankfurt), Willem de Rooij (Künstler, Professor Städelschule), Daniela Leykam (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2019: Melanie Roumigière (Leitung Bildende Kunst des Berliner Künstlerprogramm des DAAD), Jan Verwoert (Kunstkritiker und Kulturwissenschaftler, Berlin), Daniela Leykam (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2018: Malina Lauterbach (Freie Kuratorin, Berlin), Kwasi Ohene-Ayeh (Künstler/Kurator, Accra/Ghana), Dr. Nicola Müllerschön (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2017: Dr. Yvette Mutumba (Contemporary And (C&), Berlin), Sophie Potelon (Kadist Art Foundation, Paris), Malina Lauterbach (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2016: David Elliott (Kurator, Berlin), Dr. Yvette Mutumba (Weltkulturen Museum, Frankfurt/Main), Dr. Marie-Hélène Gutberlet (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2015: Peter Gorschlüter (Museum für Moderne Kunst, Frankfurt am Main) Dr. Matthias Mühling (Städtische Galerie im Lenbachhaus, München), Dr. Nicola Müllerschön (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Jury 2013/14: Ariane Beyn (Berliner Künstlerprogramm des DAAD), Anselm Franke (Haus der Kulturen der Welt, Berlin), Dr. Nicola Müllerschön (KfW Stiftung), Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien Berlin).

Daniel Lie, Quing, 2019, Installation Photo courtesy Ruth Clarks


Stipendiat*innen

Gaëlle Choisne (1985, Frankreich) lebt und arbeitet in Paris und Berlin. Sie beschäftigt sich mit zeitgenössischen Themen und berücksichtigt in ihren Arbeiten die Komplexität der Welt und politische und kulturelle Krisen, sei es zum Beispiel der Raubbau an Natur und natürlichen Ressourcen oder die Spuren der Kolonialgeschichte, wo sich kreolische Traditionen, Mythen und Volkskulturen vermischen.

Ihre Projekte sind konzipiert als Ökosysteme des Zusammenwirkens und der Kooperation, als Orte des Widerstands, wie auch das Projekt Temple of Love. Ausgehend von Roland Barthes' Essay über die Liebe, "Fragments d'un discours amoureux" (1977), fügt Gaëlle Choisne dem Konzept der Liebe eine politische Dimension hinzu, indem sie entmachtete Menschen, wie wenig beachtete Minderheiten und empfindsame traumatisierte Identitäten, wertschätzt und würdigt. Temple of Love ist ein sich ständig weiterentwickelndes Projekt, das sich, abhängig von dem Ort der Entstehung, der Gestaltung und den Mitwirkenden, immer wieder neu definiert.

Die Arbeiten von Gaëlle Choisne wurden in zahlreichen Institutionen ausgestellt, unter anderen im Centrale Powerhouse (Montreal), CAFA Museum (Peking), Pera Museum (Istanbul), MAM - Musée d'Art Moderne de Paris, Musée Fabre (Montpellier), Zacheta Gallery (Warschau), The Mistake Room (Los Angeles), Bétonsalon (Paris), Gr_und project space (Berlin), MAMO - Centre d'art de la Cité radieuse de Marseille, Musée des Beaux-Arts de Lyon. Sie hat an mehreren Biennalen teilgenommen, zum Beispiel an der Internationale Biennale Lyon (2015), Internationale Biennale Havanna (2015), Sharjah Biennale (2017) und Curitiba Biennale (2017). Im Jahr 2021 erhielt sie den Aware-Preis. Gaëlle Choisne wird von den Galerien Air de Paris, Romainville (FR) und Nicolletti, London (UK) vertreten.


Ausstellung

Weitere Informationen folgen


Katalog

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

Der Künstler Aziz Hazara (*1992, Afghanistan) bedient sich verschiedensten Medien wie zum Beispiel der Videoinstallation, Fotografie, Sound und Skulptur. Seine Arbeit thematisiert die Beziehung zwischen unterschiedlichsten Dichotomien wie Nähe und Distanz, Migration und Erinnerung, Leben und Tod, Realität und Fiktion, Krieg und Frieden und vielen anderen. Er will die Sensibilität anregen, zu verstehen was es heißt, in einem Kriegsgebiet zu leben, in dem der Körper und die Landschaft gleichermaßen ausgeliefert und im Aufbruch sind.

Hazaras Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt, wie z.B. „New songs for old cities“ im Netwerk Aalst, in Belgien, NIRIN 22. Biennale von Sydney in Sydney Australien, 2020; „The upper hand“, IKOB im Museum für zeitgenössische Kunst Eupen in Belgien, 2020; „Kharmohra“, im Museum für Europäische und Mediterrane Zivilisationen (MuCEM), Marseille, Frankreich, 2019; u.a. Er hat außerdem an verschiedenen Residenzprogrammen teilgenommen, wie zum Beispiel an „Colombo scope“ in Colombo Sri Lanka, 2021, an der Embassy of Foreign Artists (EoFA), Genf, Schweiz, 2020, an der Camargo Foundation, Cassis, Frankreich, 2019, an der KHOJ International Artists‘ Association, New Delhi, Indien, 2017.


Ausstellung

Aziz Hazara – Chalk Drawings
14. Januar  – 6. Februar 2022


Katalog

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog

In Daniel Lies künstlerischer Praxis ist Zeit der zentrale Faktor: Persönliche Erinnerungen und Familiengeschichten, kulturelle Objekte und Erzeugnisse der Natur, die in der Welt lange Zeiträume überdauern und Erinnerungen in sich tragen, bilden den Kern der künstlerischen Auseinandersetzung. Im Verhältnis zu der Dauer einer Lebenszeit ist das Werk Daniel Lies vor allem inspiriert von Entwicklungsprozessen und den Übergängen von einem Zustand in einen anderen. In Installationen, Skulpturen und durch die Verknüpfung unterschiedlicher Medien verweisen die Bezugsobjekte auf ihre performativen Eigenschaften – Zeit, Vergänglichkeit und Präsenz. Um diese drei Aspekte zu thematisieren, schafft Lie Installationen, in denen organische Elemente, wie zum Beispiel alternde Materie, wachsende Pflanzen oder Pilze zu Hauptcharakteren werden und ihre eigene Zeitlichkeit performen. Lie beschäftigt sich dabei mit den Spannungen zwischen binären Denkstrukturen wie Wissenschaft und Religion, Herkunft und Gegenwart, Fäulnis und Frische, Leben und Tod und versucht diese aufzubrechen.

Daniel Lie ist gender-neutrale indonesisch-brasilianische Künstler*in. Lie wurde in Sao Paulo geboren und lebt derzeit in Berlin.


Ausstellung

Daniel Lie – Scales of Decay
11. Juni – 11. Juli 2021

Mit Scales of Decay zeigt Lie eine Rauminstallation aus großformatigen, expressiven Zeichnungen, die mit Kohle, Aquarellfarben, Kurkuma, Bleistift und Leinölgel entstanden sind und als Gruppen installiert von der Decke hängen. Inspiriert von einem Arrangement aus verfaultem Obst und Gemüse, das über Monate in Lies Atelier auf einem Teller drapiert war, visualisiert die Ausstellung die verschiedenen Stufen der Entwicklung von frischer zu verrottender Materie. Die Installation regt dabei die menschlichen Sinne an und will körperliche Reaktionen erzeugen. Der Teller im Atelier wird Teil des künstlerischen Entwurfs und – im Gegensatz zum traditionellen, malerischen Modell eines Stilllebens – zum Kollaborateur, wie ein symbiotischer Agent.

Die Farben der Zeichnungen fluoreszieren im Raum und auch die Wände der Ausstellungsräume wurden miteinbezogen und sind mit Kurkuma und Leinölgel bemalt. Vergleichbar mit der Dramaturgie einer musikalischen Komposition ist der Raum in verschiedene Szenen unterteilt. Mit Kurkuma handgefärbte Textilarbeiten begleiten die Zeichnungen, deren Farben Gelb (Blumen, Früchte, Körperflüssigkeiten) und Schwarz (Tod, Erde, Tiefe) im Kontrast zueinander stehen. Die Motive erinnern an mikroskopische Aufnahmen aus dem Labor, Mikroorganismen und vergrößerten Partikel, und laufen ineinander mit Andeutungen von Insekten, Nahrungsmitteln, Meeresbewohnern und Naturelementen. Wie für viele von Lies Arbeiten charakteristisch, weist auch Scales of Decay Verbindungen zur Performancekunst auf, einem Medium, das auf Zeit, Vergänglichkeit und Präsenz basiert.

Daniel Lie (Brasilien/Indonesien, geboren in São Paulo) erforscht auf künstlerische Weise Konzepte von Leben und Tod, Verfall und biografische Zusammenhänge der Herkunft, wobei organisch-lebendige Materie zum Labor und kreativen Ausgangspunkt wird. Zeit ist dabei ein zentraler Faktor: von den ältesten Erinnerungen bis zum Anbeginn der Welt, von der Dauer eines Menschenlebens bis hin zur geologischen Zeit der Elemente. Um solche Zeitspannen zu verdeutlichen, arbeitet Lie mit raumgreifenden Installationen und Performances, mit sich zersetzender Materie und wachsenden Pflanzen oder Pilzen als Material, das Zeit in sich trägt. Im interdisziplinären Austausch mit Mykolog*innen, Archäolog*innen oder Umweltspezialist*innen entwickelt Lie posthumanistische Perspektiven mit dem Ziel, binäre Denkstrukturen zwischen Wissenschaft und Religion, Herkunft und Gegenwart, Leben und Tod aufzubrechen.


Katalog

Daniel Lie. Sclaes of Decay, mit Beiträgen von farid rakun und Nomaduma Rosa Masilela, hrsg. von Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler 2021. (englisch)

Hamlet Lavastida (*1983 in Havanna/ Kuba, lebt und arbeitet in Havanna) arbeitet mit Plakaten, Drucken, Collagen, Fotos und Videos.
Er betrachtet seine Arbeit als kompiliertes Archiv unterschiedlicher ikonografischer und sprachlicher Identitäten aus der Epoche, in der in Kuba die Institutionalisierung des Sozialismus erfolgte, insbesondere die Dekaden der 1960er bis 1980er Jahre. Diese Form gegenständlicher Archäologie entstand für den Künstler aus der Notwendigkeit, ein objektives Kriterium für bestimmte verborgene Bereiche der Implementierung, Administration und Operation staatspolitischer Praktiken in Kuba zu schaffen. Schwerpunkt der künstlerischen Praxis Lavastidas ist die Wiederaneignung von Texten, Bildern und Symbolen, ebenso wie politische Reden und ideologische Terminologien, die er im Rahmen seiner Arbeiten kritisch beleuchtet. Relevant ist für Lavastida dabei deren Umdeutung unter Nutzung desselben oder eines ähnlichen Formats, in dem sie ursprünglich geschaffen wurden.

Video: Courtesy of the artist


Ausstellung

Hamlet Lavastida – Cultura Profiláctica
16. April – 16. Mai 2021

Lavastida zeigt zwei sich gegenüberstehende immersive Wandinstallationen aus Papierschnitten. Auf der einen Seite wird eine Transkription des viral gegangenen Verhörs des Künstlers Javier Caso (von 2020) mit einem Brief des Poeten Heberto Padilla (aus dem Jahr 1971) an die revolutionäre Regierung verknüpft. Auf der anderen Wandseite präsentiert der Künstler ein zusammengetragenes Archiv verschiedener ikonografischer und sprachlicher Zeugnisse aus der Zeit der Institutionalisierung des Sozialismus in Kuba, vor allem aus den 1960er bis 1980er Jahren. In seiner persönlichen Konfrontation mit den kulturellen Archiven, die innerhalb der kubanischen Gesellschaft als solche nicht anerkannt werden, schafft Lavastida eine Art Register und fordert eine kritische Auseinandersetzung mit der kubanischen Geschichte. Er kritisiert dabei den Mangel an Aufklärung und Erinnerungsarbeit im Gesellschaftssystem des heutigen Kuba.


Katalog

Hamlet Lavastida. Cultura Profiláctica, mit Texten von Coco Fusco und Iván de la Nuez, hrsg. von Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler 2021. (englisch/spanisch)

Gladys Kalichinis Arbeit erforscht die die Darstellung der Frau in Relation zu den nationalen, normativ gesetzten Lesarten kolonialer Vergangenheiten. In ... these gestures of memory konzentriert sie sich auf Vorstellungen bezüglich der (Un)sichtbarkeit von sechs Frauen in der offiziellen Geschichte der Unabhängigkeit von Sambia und Simbabwe (früher als Nordrhodesien und Südrhodesien bekannt). In ihrem früheren Projekt, ChaMoneka: Uncasting Shadows / FyaMoneka: Exploring the Erasure of Women Within Zambian history, untersuchte sie die Auslöschung von Frauen aus der Geschichtsschreibung Sambias und aus dem kollektiven Gedächtnis.

Als Ausgangspunkt für die Thematik um Frauen, die in der Darstellung bestimmter historischer Ereignisse marginalisiert wurden, analysiert sie Narrative über Julia Chikamoneka (1910 – 1986) und Alice Lenshina (1920 – 1978) und vergleicht diese mit der offiziellen Erzählung des Unabhängigkeitskampfes in Sambia, wie sie im dortigen Nationalarchiv und den Archiven der United National Independence Day Party (UNIP) aufgezeichnet ist.

Sie konzipiert Auslöschung als einen komplexen Begriff, der (Fehl-)Repräsentationen, (fehlerhafte) Positionierungen, Distanz, Abwesenheit und blinde Sichtweisen mit sich bringt.


Ausstellungen

Gladys Kalichini & Talya Lubinsky | Villa 102
31. August – 26. September 2021


Gladys Kalichini – ... these gestures of memory | Künstlerhaus Bethanien
19. Juni – 12. Juli 2020

In der Ausstellung ...these gestures of memory konzentriert sich Gladys Kalichini auf die Dualität von Erinnerung und Geschichte und thematisiert Konzepte von Trauer, Erinnerung und Vergessen im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Geschichten einzelner Frauen innerhalb des größeren Zusammenhangs der Widerstandsnarrative gegen die Kolonialherrschaft in Sambia und Simbabwe (damals Nord- und Südrhodesien) in den 1960er und 1980er Jahren. Ausgangspunkt dieses Ausstellungsprojekts ist die kritische Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Auslöschung, Abwesenheit und Unsichtbarkeit bestimmter weiblicher Freiheitskämpferinnen im kollektiven Gedächtnis Sambias und Simbabwes. Die Ausstellung hinterfragt die Singularität der dominanten Befreiungsnarrative, differenziert und erweitert die Geschichten der Freiheitskämpfe, indem sie verschiedene Erinnerungen an Frauen zusammenfügt, und fragt nach einem vielschichtigen und komplexen Bild nationaler Unabhängigkeit.


Katalog

Gladys Kalichini. ...these gestures of memory, mit Texten von Anett Busch und Fadzai Veronica Muchemwa, hrsg. von Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler 2020. (englisch)

Talya Lubinskys Arbeit beschäftigt sich auf forschende Weise mit elementaren Materialien, die als offene Bedeutungsträger poetischer Botschaften hervortreten und dadurch Kontexte und Historie gestalten. In ihrer Ausstellung, If we burn, there is ash (Johannesburg, 2016) werden die Materialien Asche und Zement verwendet, um die potentiellen Auswirkungen von Feuer und Verbrennung und deren Bezug zu kolonialen Sammlungen materieller Kultur zu untersuchen. Die Arbeit Floating Bodies (Bayreuth, 2017) setzt sich mit einer Erzählung aus einem Familienarchiv auseinander und verwendet Sandsäcke als Metapher des menschlichen Imperativs, Barrieren gegen die natürliche Kraft einer Flut zu errichten, welche hier als eine historische Kraft gedacht wird.

Ihr aktuelles Projekt beschäftigt sich mit dem Friedhof und den Themen des Verfalls und der Verwesung, in einer Umgebung, die dem Gedenken und der Erinnerung gewidmet ist.

Die Künstlerin, Talya Lubinsky, kommt aus Johannesburg. Sie ist Doktorandin des Center for Humatities Research an der Fakultät für Geschichte der University of the Western Cape in Kapstadt.


Ausstellungen

Gladys Kalichini & Talya Lubinsky | Villa 102
31. August – 26. September 2021


Talya Lubinsky – Marble Dust | Künstlerhaus Bethanien
17. Januar – 9. Februar 2020

Marmorstaub ist gleichermaßen beständig wie vergänglich – ebenso wie unsere Knochen: Talya Lubinskys Arbeiten sind eine Reflexion über das in Gedenkstätten und Friedhofslandschaften verkörperte Zusammentreffen von Beständigkeit und Zerfall. An jenen Orten trifft das scheinbar Dauerhafte auf die Flüchtigkeit des zerfallenden Körpers. Ausgehend von dieser inhärenten Spannung stellt Lubinskys Arbeit Fragen im Hinblick auf Verlust und Rückgabe, Abwesenheit und Präsenz.

Ihre Recherchen über Friedhöfe in Südafrika führten Lubinsky zu einem Friedhof im nördlich von Pretoria gelegenen Township Mamelodi. Der Mamelodi Cemetery ist Bestattungsort von schwarzen politischen Gefangenen, die durch den Apartheidstaat in den 1960er Jahren zum Tod durch Erhängen verurteilt wurden, und ein Armenbegräbnis ohne Grabstein erhielten. Zwischen 2016 und 2019 wurden die sterblichen Überreste der ermordeten Aktivisten exhumiert und ihren Familien zurückgegeben. Fast 60 Jahre nach der Bestattung waren die Knochen nahezu zu Staub zerfallen, nicht mehr unterscheidbare, mit der Erde vermischte Partikel. In einigen Fällen wurden daher Haufen von Erde den Grabstätten entnommen, in Särgen gelagert und den Familien übergeben. In den heute noch funktionierenden Friedhofsbüros befinden sich Seiten alter Registraturbücher mit Grabnummern, Namen und Daten über den Raum verstreut und in Kartons gestapelt. Das Papier ist zerrissen und teils zerfallen.

Für ihre Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien hat Lubinsky die Konturen dieser zerfallenden Seiten nachgezeichnet und aus Marmorplatten herausgeschnitten, die sie anschließend im Ausstellungsraum anordnet. Die Fragilität der Papierarchive wird verkehrt, indem sie in Marmor wiedergegeben werden, einem häufig für Grabmale verwendeten Stein. Marmor ist zugleich eine Substanz, die aus dem Kalzium von Knochen und den Schalen von Meerestieren besteht, die durch Hitze und geologische Veränderungen über die Zeit verdichtet wurden. Diese spezifischen Materialeigenschaften werden durch Lubinskys Arbeiten zu einem Vehikel für das Nachdenken über ihre Bedeutung. Lubinsky betrachtet den Prozess des Ausgrabens und Zurückgebens des fast vollständig zerstörten Materials als ein kraftvolles Symbol für das Verlorengegangene: die Unmöglichkeit der Rekonstitution und Restitution einerseits und die tief empfundene Geste der Rückgabe als Anerkennung des geschehenen Unrechts andererseits.

Talya Lubinsky, geboren 1988, ist eine Künstlerin aus Johannesburg, Südafrika. Lubinsky graduierte mit Auszeichnung von der Wits University in Johannesburg, Südafrika, und ist derzeit PhD Kandidatin im Department of History am Centre for Humanities Research der University of the Western Cape, Kapstadt. Einzelausstellungen u.a.: Floating Bodies, Iwalewahaus, Bayreuth, (2017), If we burn, there is ash, Wits Anthropology Museum, Johannesburg und Between Mess and Order, The Point of Order, Johannesburg (2015). Ausgewählte Ausstellungsteilnahmen: Nesting Narratives, GoetheonMain, Johannesburg (2014) und Out of Thin Air, Stevenson Gallery, Kapstadt (2012). Derzeit ist sie als Stipendiatin der KfW Stiftung im Rahmen des Internationalen Atelierprogramms im Künstlerhaus Bethanien zu Gast.

www.talyalubinsky.com

Video by Courtesy of the artist


Katalog

Talya Lubinsky. Marble Dust, mit Textbeiträgen von Nnenna Onuoha und Sarah Godsell, hrsg. von Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler 2021. (englisch)

In seiner künstlerischen Praxis geht Andrés Pereira Paz (1986 in La Paz, Bolivien geboren) der Frage nach, wie regionale Identitäten aus globaler Perspektive konstruiert und verändert werden. Er beschäftigt sich insbesondere mit dem Einfluss westlicher Machtstrukturen auf die Herausbildung einer kollektiven Identität der Bewohner des Kulturraums der Anden seit dem 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart. In vielen seiner künstlerischen Arbeiten verwendet er traditionelle Textilien, in deren Strukturen die vielfältigen Kulturen dieser Region geradezu hineingewebt zu sein scheinen. Er bearbeitet die Stoffe, indem er sie mit Gebrauchsgegenständen versieht und sie so verfremdet und dekontextualisiert. Diese Gegenüberstellung von diversen Materialien sowie die Aneignung verschiedener kulturell konnotierter Formen und Muster wendet der Künstler auch in seinen analogen und digitalen Collagen an.

Andrés Pereira Paz lebt und arbeitet in Lima und La Paz. Er hat Bildende Kunst und Kulturwissenschaften an der Hernando Siles Arts Academy in La Paz und der Tres de Febrero University in Buenos Aires studiert. Er war mit seinen künstlerischen Arbeiten bereits in zahlreichen regionalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen vertreten und beteiligte sich an Stipendien- und Residenzprogrammen in Bolivien, England, Chile, Argentinien und Peru.

Andrés Pereira Paz wurde 1986 in La Paz, Bolivien geboren. Er lebt und arbeitet in Berlin. Seine künstlerische Ausbildung absolvierte er an der Academia Nacional de Bellas Artes Hernando Siles in La Paz sowie an der Universidad Nacional de Tres de Febrero und am Centro de Investigaciones Artísticas (CIA) in Buenos Aires, Brasilien. Zudem arbeitete er im Atelier namhafter Künstler wie Roberto Valcárcel und Diana Aisenberg.


Ausstellungen

Elia Nurvista und Andrés Pereira Paz | Villa 102
16. Juli – 4. August 2019


Andrés Pereira Paz – Radio Carabuco | Künstlerhaus Bethanien

24. Mai – 16. Juni 2019

Das Ausstellungsprojekt Radio Carabuco im Künstlerhaus Bethanien entfaltet sich ausgehend von dem von Andrés Pereira Paz kreierten Podcast-Sender gleichen Namens. Ausgangspunkt sind die kritischen Reflexionen des bolivianischen Künstlers über das Gemälde einer Höllenvision des Malers José López de los Ríos, das im Auftrag der katholischen Kirche 1664 während der Kolonialzeit in der Anden-Gemeinde Carabuco entstand und heute noch in der dortigen Kirche zu sehen ist. Da europäische Gravuren in der Kolonialzeit weit verbreitet waren, gleichen die synkretischen Darstellungen von "Ruhm", "Fegefeuer" und "Hölle" teils den Gravuren des französischen Künstlers Philippe Thomassin aus dem frühen 17. Jahrhundert und zeigen den damaligen Austausch von Bildmotiven auf.

Wie in vielen anderen Gemälden der Zeit wurde das christliche Motiv zum Zweck der 'Heidenbekehrung' durch die spanische Kolonialmacht und als Propaganda für die Heilsbotschaft des Katholizismus nach Lateinamerika überführt. Vor diesem Hintergrund stellt Pereira Paz in einer Reihe von Podcast-Beiträgen die Frage nach den Formen und Auswirkungen religiöser und kultureller Kolonialisierung und untersucht verschiedene politische wie gesellschaftliche Perspektiven, insbesondere mit Blick auf seine Heimat Bolivien. Zentral ist dabei der Aspekt der Verteufelung und Unterdrückung alles 'Andersartigen'.

Pereira Paz hat den Ausstellungsraum als Setting für das Hören konzipiert und gemeinsam mit internationalen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen spezielle thematische Audioarbeiten und Podcasts produziert (Gabriel Acevedo Velarde, Ana Alenso, David Aruquipa Perez, Stanislaw Czaplicki, Elia Nurvista, Liv Schulman); entstanden sind Beiträge über das Erstarken rechtsextremer Parteien in Europa, LGBTQIA+ Performances in bolivianischer Folklore, evangelikale Christen in Südamerika, Extraktivismus u.a.

Auf diese Weise stellt der Künstler die Frage, ob die Konstruktion der westlich tradierten Vorstellung von „Hölle“ als symbolischer Ort des aktiven Widerstands gegen Propaganda, Zensur und Diskriminierung fungieren kann, den es bestmöglich zu verteidigen gilt – ruft doch die Erde und das Unterirdische in der traditionellen bolivianischen Kultur eben nicht Verderben oder Unheil auf; Pachamama bedeutet vielmehr die große Mutter Erde und ewiger Quell des Lebens.

Die Audio-Installation im Künstlerhaus Bethanien wird ergänzt durch eine Auswahl von Bildern aus dem Archiv "David Aruquipa Perez and Comunidad Diversidad" sowie eine objektbasierte Installation des Künstlers.

Podcasts und Audioarbeiten sind online verfügbar: www.radiocarabuco.com


Katalog

Andrés Pereira Paz. Radio Carabuco, mit Texten von Richard Davey und Alfredo Coloma, hrsg. von Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler 2020. (englisch)

Die künstlerische Praxis von Elia Nurvista (geboren 1983 in Yogyakarta, Indonesien, wo sie lebt und arbeitet) bewegt sich an der Schnittstelle von Kunst und recherchebasierten Community-Projekten. Viele ihrer Arbeiten befassen sich mit dem Thema Essen als Gegenstand von politischen, kulturellen, sozialen und genderspezifischen Fragestellungen. In Events, Performances und Installationen wird nicht nur die physische Erscheinung von Essen bzw. dessen Repräsentation thematisiert, sondern auch der Akt des Kochens als soziale Interaktion in den Mittelpunkt gerückt. Für „Hunger Inc.“ (2015) errichtete Nurvista ein Zelt, welches an die provisorischen Versorgungseinrichtungen von NGOs erinnert. Darin befanden sich Reissäcke, eine Kücheneinrichtung und ein Fernseher, der Berichte zu Aufständen bei der Verteilung von Reis zeigte. Die Rauminstallation wurde von Veranstaltungen begleitet, an denen Menschen teilnahmen, die selbst von der Thematik betroffen waren. Mit diesem partizipativen Projekt befragte die Künstlerin das Verhältnis von Armut und Grundnahrungsmitteln bzw. Hilfsgütern. Den problematischen Umgang mit Lebensmitteln thematisiert Nurvista auch in der Arbeit „Sucker Zucker“ (2016). Zu bunten Objekten verarbeitet, werden darin Zucker-Skulpturen wie kostbare Diamanten präsentiert, die auf die Anziehungskraft des Produktes und dessen gewaltsame und ausbeuterische Aneignung seit der Kolonialzeit verweisen. So sensibilisiert die Künstlerin immer wieder für die vielschichtigen Bezüge zwischen Nahrungsmitteln und deren historischen und sozialen Kontexten.

Elia Nurvista studierte Design am Indonesia Institute of Fine-Art in Yogyakarta. Sie ist Initiatorin von BAKUDAPAN, einer Arbeitsgruppe, die sich mit kritischen Aspekten von Essen auseinandersetzt. Nurvista war in zahlreichen internationalen und nationalen Ausstellungen vertreten. Sie nahm an Residenzprogrammen wie zum Beispiel „Choreographer’s LAB“ des Künstlerhaus Mousonturm in Frankfurt am Main, 2015, und „Politics of Food“ der Delfina Foundation in London, 2014, teil.


Ausstellungen

Elia Nurvista und Andrés Pereira Paz | Villa 102
16. Juli – 4. August 2019


Elia Nurvista – Früchtlinge | Künstlerhaus Bethanien
18. Januar – 10. Februar 2019

Nurvistas Ausstellungprojekt Früchtlinge im Künstlerhaus Bethanien ist Ausdruck ihrer Reflexionen über Migration und Flucht. In Berlin hat sie unterschiedliche Initiativen und Angebote für Geflüchtete besucht und von den Menschen dort viel über deren Blick auf unsere, für sie fremde Gesellschaft erfahren. Nurvistas in der Folge entstandene Arbeiten thematisieren unser oft zwiespältiges Verhältnis zum Fremden: so wird das 'Exotische' in Form von Luxusgütern und Essen, etwa den geschätzten Südfrüchten, als positiv und begehrenswert empfunden, während Menschen, die aus denselben Regionen der Erde als Geflüchtete zu uns gelangen, aufgrund ihrer 'Fremdheit' Ablehnung erfahren, oder das 'Exotische' gar als Bedrohung empfunden wird. Nurvista illustriert diese Zwiespältigkeit mit feinsinniger Ironie, indem sie sich etwa Abbildungen von Stillleben der Alten Meister oder historische Darstellungen des "Guten Wilden" aneignet, sie mit zeitgenössischen behördlichen Prüfsiegeln oder Marken-Labels versieht und mit diesen  ebenso humorvollen wie kritischen Kommentaren ein neues, eigenständiges Werk kreiert. Neben den Collagen zeigt Nurvista mehrere kleinformatige, grob aus einem Teig aus Mehl, Wasser und Salz gefertigte Skulpturen – Nachbildungen der stolzen Tore und Portale, wie sie auf Euro-Geldscheinen abgebildet sind, um dort Europas Offenheit und Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Welt zu symbolisieren. Außerdem arbeitet sie an einem Animationsfilm, der das unheimliche Wirken automatisierter Vorschriften und Auswahlprozesse aufzeigt.


Katalog

Elia Nurvista. Feeding the Scene, mit Texten von Anna Goetz, Kwasi Ohene-Ayeh, Christina Sickert, Ferdiansyah Thajib, hrsg. von  Daniela Leykam und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler, 2019. (englisch)

In seiner Kunst untersucht Vartan Avakian (geboren 1977 in Byblos, Libanon, wo er lebt und arbeitet) Formen kultureller Produktion und Erinnerung. Er arbeitet mit Video, Installation, Skulptur, Fotografie und anderen Medien; oft verwendet er natürliche Materialen, die er bearbeitet und verfremdet, um Objekte zu schaffen, die die Geschichten dieser Materialien gleichsam konservieren und daraus etwas Neues entstehen lassen. In der Serie ‘Collapsing Clouds of Gas and Dust’ fertigte Avakian Kristalle aus Staub an, den er an historischen Sehenswürdigkeiten fand. Mit diesem Projekt untersucht er den Staub als Spur vergangener Handlungen und befragt Verflechtungen von Erinnerung, Monumentalität und deren Materialisierung. In der Arbeit ‘A Very Short History of Tall Men’ porträtiert der Künslter Anführer von gescheiterten Staatsstreichen auf der Basis gefundenen Archivmaterials und präsentiert sie als in Gold gegossene Miniaturfiguren in transparenten Acrylkugeln. Obwohl die Figuren Charakteristika traditioneller Monumente enthalten, entziehen sie sich im selben Moment ihrem repräsentativen Status und stehen ebenso für das Scheitern der historischen Persönlichkeiten. Diese Mehrdeutigkeit zieht sich kontinuierlich durch die Arbeiten von Avakian und schärft das Bewusstsein für die Spuren vielfältiger Informationen, die in Objekten materieller Kultur enthalten sind.

Vartan Avakian studierte 'Architecture and Urban Culture' an der Universitat Pompeu Fabra und am Centre de Cultura Contemporània de Barcelona, und 'Communication Arts' an der Lebanese American University in Beirut. Er ist Gründungsmitglied des Künstlerkollektivs 'Atfal Ahdath' und Mitglied der 'Arab Image Foundation'. Seine Arbeiten wurden in Beirut und in zahlreichen internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Avakian ist Träger des 'Abraaj Group Art Prize' 2013.


Ausstellung

Vartan Avakian – All That Is Seen and Unseen
25. Mai – 17. Juni 2018
 

In seinem Ausstellungsprojekt All That Is Seen and Unseen im Künstlerhaus Bethanien befasst sich Avakian mit der Betrachtung von gedruckten Büchern als skulpturalen Objekten, in denen Informationen konserviert werden. Bücher als Symbole der Geschichte sind durchdrungen von kulturellem Gewicht und Autorität, und dabei ebenso einmalig wie reproduzierbar. Avakian entwirft eine Reihe von Protokollen, Prozeduren und Ritualen mit dem Zweck, die vielen, in ihnen verborgenen Schichten zufälliger Inschriften und an Palimpseste gemahnender Markierungen zu extrahieren und ans Licht zu bringen. Er macht diese Schichten jedoch nicht nur sichtbar, sondern löst sie in seinen Installationen von ihrer bisherigen Form und wandelt sie erneut in skulpturale Fossilien um.


Katalog

Vartan Avakian. All That Is Seen and Unseen, mit einem Essay von Merve Bedir, hrsg. von Daniela Leykam, Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler, 2019. (englisch)

Die Arbeit des Filmemachers Ahmed Ghoneimy befasst sich mit den vielfältigen Formen menschlicher Interaktion und den daraus resultierenden Wechselbeziehungen und Spannungsverhältnissen vor dem Hintergrund der festgefügten, traditionell patriarchalisch geprägten Kultur Ägyptens. Ghoneimy beleuchtet in seinen Filmen deren spezifische Machtgefüge und die alltäglichen, bestimmten Ritualen folgenden Begegnungen von Menschen – Vätern und Söhnen, Freunden und Feinden, den so genannten Gewinnern und Verlierern der Gesellschaft. Oft nutzt er Szenen aus seiner persönlichen Erinnerung und stellt diese mithilfe von Laiendarstellern, bisweilen auch Aggressoren (Bahari, 2011) oder Freunden (The Cave, 2013) nach. Seine Filme folgen keinem dramatisch kulminierenden Erzählstrang, sondern bewegen sich assoziativ zwischen dem Dokumentarischen und dem Fiktionalen.

Ghoneimys Präsentation im Künstlerhaus Bethanien umfasst Videoloops, die jeweils als Projektion gezeigt werden. Die Videos beleuchten in ruhigen, eindringlichen Bildern in dokumentarischem Duktus das vertrauensvolle Verhältnis eines Jungen zu seinem Vater, der ihn auf einem gemeinsamen Ausflug spielerisch in die Rituale und Verhaltensweisen des männlich dominierten Alltags im öffentlichen Bereich einführt: das Bad in der Brandung, der Gang über den Fischmarkt, das Feilschen und Scherzen mit den Händlern, usw. Temporeiche Sequenzen, die Ghoneimy einem so genannten open-world-Computerspiel entnommen hat, setzen einen deutlichen Kontrast zu jenen des Kindes, das diverse Orte erforscht und brechen das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit immer wieder auf: Gewalt, Hass und Verletzung sind, ebenso wie Geborgenheit und Glück, ein stets präsenter Teil des Spektrums zwischenmenschlicher Erfahrungen. Die Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien wird von Ahmed Ghoneimy als Projekt konzipiert, das im Rahmen anderer Formen der Präsentation fortgeführt wird

Ausbildung/Künstlerresidenzen:

2015/2016 Ashkal Alwan Home Workspace Programme, Ashkal Alwan, Beirut2009Jesuit Filmmaking Workshop, Jesuit High School, Alexandria2009Bachelor of Interior Design, Expressive Arts Major, Faculty of Fine Arts, University of Alexandria

Ausgewählte Ausstellungen/Festivals/Screenings:

2014 Santa Barbara International Film Festival2013/2011 International Film Festival Rotterdam2013Home Works 6, Beirut2012Montreal World Film Festival2012Photo Cairo 5 2012International Film Festival (Fid) Marseille2012Hamburg International Short Film Festival


Ausstellung

Ahmed Ghoneimy
19. Januar – 11. Februar 2018

 

In ihren Arbeiten untersucht die thailändische Künstlerin Orawan Arunrak (geboren 1985 in Bangkok, Thailand, lebt und arbeitet ebenda) das Verhältnis von Objekten und Menschen zu ihren unterschiedlichen physischen, soziopolitischen wie kulturellen Kontexten. Arunraks multimediale Installationen sind das Produkt eingängiger Beobachtungen ihres Umfeldes und reflektieren den Dialog zwischen der Künstlerin und lokalen Gemeinschaften in Thailand und auf Reisen durch Südostasien. Viele der früheren Arbeiten, wie „Come In“ (2014), „My Godfather“ (2014-2015) oder „The Owner“ (2015), enthalten Gegenstände, Bilder, Zeichnungen und Texte, die den Betrachter dazu anregen, die Exponate, Geschichten und Referenzorte genauer zu studieren. In ihrem aktuellen Projekt Exit – Entrance (2017) befasst sich die Künstlerin mit Konzepten von Identität und Staatszugehörigkeit. Die multimediale Installation besteht aus akustischen und visuellen Elementen, die auf Gespräche in Thai, Deutsch, Englisch und Vietnamesisch rekurrieren. Orawan Arunrak betrachtet ihre Arbeit als ein Experiment für den Besucher – als einen Versuch des Hörens, Zuhörens und Sehens, der auf Verständnis und Verständigung angelegt ist und gleichzeitig Lücken und Missverständnisse in der Kommunikation anerkennt.

Ausbildung/Künstlerresidenzen:

2015Sàn Art Laboratory, Session 6, Sàn Art, Ho Chi Minh City2014Pisaot Experimental Arts Residency, Sa Sa Art Projects, Phnom Penh2007BFA (Printmaking), Department Of Fine Arts, King Mongkut’s Institute of Technology Ladkrabang, Bangkok

Ausgewählte Einzelausstellungen:

2016Zones and Verbs, Cartel, Bangkok2013What Are They Doing Inside?, Speedy Grandma, Bangkok2008Brandnew: Supernoyz, Tadu Contemporary Art, Bangkok

Ausgewählte Gruppenausstellungen:

2016Public Spirits, Centre for Contemporary Art Ujazdowski Castle, Warschau2015Rates of Exchange Un-Compared, SA SA BASSAC, Phnom Penh2014Experimental Video Art Exhibition, Thai-European Friendship 2004-2014 (EVA project), Bangkok Art and Culture Centre, Bangkok


Ausstellung

Orawan Arunrak – Exit–Entrance
25. Mai – 18. Juni 2017 


Katalog

Orawan Arunrak. Exit–Entrance, mit einem Essay von Roger Nelson und einem Interview von Yvette Mutumba, hrsg. von Nicola Müllerschön and Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2017. (englisch)

Matheus Rocha Pitta (geboren 1980 in Tiradentes, MG, Brasilien) beschäftigt sich in den letzten Jahren bevorzugt mit der Gestaltung und Wahrnehmung des Gestischen. Er konzentriert sich dabei auf die Schnittstelle zwischen alltäglichen und künstlerischen Gesten, hebt sie aus dem individuell biographischen Zusammenhang heraus bzw. macht sie als Form eines geschichtlich gewachsenen ästhetischen Kalküls bewusst. Rocha Pitta verwendet Fotografie, Video und Plastik als Medien der Aneignung und Konstruktion eines gestischen Repertoires, das er gemeinsam mit den Betrachtern und Besuchern seiner Arbeiten aktiviert. Entstanden sind dabei mehrere Werkgruppen - Primeira Pedra (Der erste Stein, 2015), no hay pan (Kein Brot, 2015), Assalto (Überfall, 2014), Golpe de graça (Ein Hauch von Anmut, 2013) -, in der die Befragung von Gesten in eine von ethischen Implikationen durchdrungene Auseinandersetzung mit Sprache, Besitz und Bewegung mündet.

Ausbildung/Stipendien

2015The Politics of Food, Delfina Foundation, London2014Stipendium Matadero EL Ranchito, Madrid
Studio Arte Ginistrelle, Assisi200847° Salão de Arte de Pernambuco, Recife2007Iberê Camargo, Blanton Art Museum, Austin/Texas2003Salão de Arte Nacional de Belo Horizonte, Museu de Arte da Pampulha, Belo Horizonte2001–2004Studium der Philosophie, Univercidade do Estado do Rio de Janeiro1998–2001Studium der Geschichte, Universidade Federal Fluminense, Niterói

Ausgewählte Einzelausstellungen

2015No Hay Pan, Gluck 50, Mailand
Primeira Pedra, Mendes Wood DM, São Paulo2014Fé Experimental, Progetti, Rio de Janeiro2013–2016Golpe de Graça, Pivô, São Paulo;
Casa França Brasil, Rio de Janeiro2013L‘Accordo, Fondazione Morra Greco, Neapel
Nau, Progetti, Rio de Janeiro2012Giudizio Universale, Solo Project Artissima, Turin
Conversão, Mendes Wood, São Paulo2010FF#2, Progetti, Rio de Janeiro
FF, Galeria Vermelho, São Paulo2009Drive Thru # 2, Galeria Vermelho, São Paulo
Project Room, ARCO9, Madrid2008Drive Thru # 1, Sprovieri Progetti, London

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2016Ao Amor do Público: Doações Recentes, Museu de Arte do Rio, Rio de Janeiro2014The Great Acceleration – Taipei Biennale, Taiwan
To see what is coming, Largo das Artes, Rio de Janeiro
Estado de Suspensão, Coletor, São Paulo2013Collective Fictions, Palais de Tokyo, Paris
Avante Brasil, KIT Düsseldorf2012Trienal Poli/Grafica de San Juan, Puerto Rico2011Travessias, Centro de Cultura Bela da Maré, Rio de Janeiro
Caos e Efeito, Itaú Cultural, São Paulo
Rendez Vous 11, Institut d’Art Contemporain, Lyon2010Convivências, Fundação Iberê Camargo, Porto Alegre
29. Bienal de São Paulo, São Paulo
After Utopia, Museo Pecci, Miland


Ausstellung

Matheus Rocha Pitta – For the Winners the Potatoes
3. März – 26. März 2017


Katalog

Matheus Rocha Pitta. Aos Vencedores as Batatas, mit einem Essay von Tobias Peper, hrsg. von Nicola Müllerschön and Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2017. (englisch)

In ihren Arbeiten setzt sich Salwa Aleryani (geboren 1982 in Sanaa, Jemen, lebt und arbeitet ebenda) mit dem sich ständig wandelnden Verhältnis zwischen gesellschaftlichen, physischen und kulturellen Räumen und ihren Bewohnern auseinander. Die Künstlerin erforscht Orte und Strukturen der Zugehörigkeit, häusliche und öffentliche Infrastrukturen und verwendet intime wie alltägliche Objekte und Materialien, um unsichtbare oder versteckte Gebiete aufzuzeigen und auf die allmähliche Erosion der gebauten Umgebung hinzuweisen, von der wir abhängig sind.

Ausbildung/Auszeichnungen

2013Young Arab Artists Production Grant, Culture Resource (Al Mawred)2012MFA Painting, Savannah College of Art and Design, Savannah, GA2009J. William Fulbright Scholarship2006B. Graphic Design, University of Petra, Amman, Jordanien

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2014The Language of Human Consciousness, Athr Gallery, Jeddah, KSA>2013Not a Dead End - Biennale Jogja XII: Equator #2, Yogyakarta, Indonesien2013Best Before, RONDO Ateliers, Graz2012The Forgotten Bar Project: Garden of Eden, Palais de Tokyo, Paris2012Moving Image, The Armory Center for the Arts, Pasadena, CA2009Altitude in Sana'a, National Museum, Sanaa, Jemen

Ausgewählte Stipendien/Workshops

2013Biennale Jogja XII Exchange Residency, Yogyakarta, Indonesien
Art Omi International Residency, Omi International Art Center, Ghent, NY2012Dar Al Ma’mun International Residency, Marrakesh, Morocco2007ALCHEMY Workshop, British Council, Sanaa, Jemen


Ausstellung

Salwa Aleryani – Intending Probability
27. Mai – 19. Juni 2016


Katalog

Salwa Aleryani. Intending Probability, mit einem Essay von Luca Cerizza und einem Interview von Merve Ünsal, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2017. (arabisch/englisch)

Die vietnamesische Künstlerin Nguyen Thi Thanh Mai (geboren 1983 in Ha Tai/Hanoi, lebt und arbeitet in Hue, Vietnam) setzt sich in ihren Arbeiten mit kultureller und sexueller Identität sowie mit Fragen von Herkunft, Zugehörigkeit und Migration auseinander. Für ihr Projekt „Day by Day“ (2014) machte sie intensive Recherchen in Fischerdörfern an der vietnamesisch/kambodschanischen Grenze und führte Gespräche mit deren Bewohnern, die als staatenlos gelten. Die Installation „ID Card“, bestehend aus inoffiziellen Ausweisen, die bearbeiteten Fotoserien „Shadow“ und „Travels“ sowie ein Video dokumentieren diese künstlerische Forschung. Der tabuisierte Umgang mit Sexualität und Weiblichkeit sowie das Verhältnis von Körper, Gedächtnis und Gewalt sind durchgängige Themen von Nguyens Arbeiten, die sie häufig in multimedialen Installationen umsetzt.

Ausbildung/Stipendien

2014Residency Sa Sa Art Projects, Phnom Penh, Kambodscha2013HIVE Studio, Cheongju City, Chungbuk-do, Südkorea2012MA Visual Arts, Mahasarakham University, Thailand2006Hue College of Arts, Hue University, Vietnam

Ausgewählte Einzelausstellungen

2015Day by Day, Sa Sa BASSAC, Phnom Penh, Kambodscha2012The Scar, Craig Thomas Gallery, Ho Chi Minh City, Vietnam

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2014Swimming in Sand, Planting Rice Under an Umbrella, No Vacancy, Melbourne2013XEM, Sàn Art Gallery, Ho Chi Minh City, Vietnam2012Riverscapes IN FLUX, Goethe-Institut Vietnam, Thailand, Myanmar, Philippinen, Indonesien


Ausstellung

Nguyen Thi Thanh Mai – Another World
4. März – 27. März 2016


Katalog

Ngyen Thi Than Mai. In Silence, mit einem Essay von Zoe Butt und einem Interview von Syafiatudina, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund Kettler, 2016. (englisch/vietnamesisch)

Der Künstler Khvay Samnang (geboren 1982 in Svay Rieng, lebt und arbeitet in Phnom Penh/Kambodscha) befasst sich in seinen Performances, Videoarbeiten und Fotografien mit Konzepten des Wandels, der Kontinuität und der Vermittlung. Mit humorvollen, symbolischen Gesten bietet er neue Sichtweisen auf historische und gegenwärtige Ereignisse sowie althergebrachte kulturelle Praktiken an. Khvay ist Gründungsmitglied des ersten Künstlerkollektivs Kambodschas, „Stiev Selapak“ („Kunstrebellen“), das sich der Aufarbeitung und Erinnerung von kambodschanischer Geschichte und visueller Kultur sowie dem Wiederaufbau einer zeitgenössischen Kunstszene verschreibt, die unter der Herrschaft der Roten Khmer zum Erliegen gekommen war. 2010 gründete Stiev Selapak in Phnom Penh die experimentellen Ausstellungs- und Projekträume „Sa Sa Art Projects” (2010) und „SA SA BASSAC“ (2011).

Ausbildung/Stipendien

2013Residency „Season of Cambodia”, Cambodian Living Arts, New York2010/2011Residencies Tokyo Wonder Site, Tokio2006BA (Painting) Royal University of Fine Arts (RUFA), Phnom Penh

Ausgewählte Einzelausstellungen

2015Khvay Samnang: Rubber Man, Jeu de Paume, Paris2014Human Nature, Tomio Koyama Gallery, Singapur2012Newspaper Man, SA SA BASSAC, Phnom Penh

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2015Die Roten Khmer und die Folgen. Dokumentation als künstlerische Erinnerungsarbeit, Akademie der Künste, Berlin2014Staging Cambodia: Video, Memory & Rock ’n’ Roll, Festival, Hebbel am Ufer, Berlin20134. Singapur Biennale Sights and Sounds: Global Video Art, The Jewish Museum, New York Phnom Penh: Rescue Archeology, ifa-Galerie, Berlin/Stuttgart2012Roundtable, Tobias Rehberger Pavilion „You Owe Me. I Don’t Owe You Nothin”, Gwangju Biennale2011Between / Myanmar – Cambodia, Metahouse, Phnom Penh


Ausstellung

Khvay Samnang – Footprints of Yantra Man
28. August – 20. September 2015


Katalog

Khvay Samnang. The Land Beneath My Feet, mit einem Essay von Brianne Cohen und einem Interview von Hendrik Folkerts, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Verlag Kettler, 2015. (englisch)

Mit seiner Malerei sowie mit seinen installativen Arbeiten verfolgt Stary Mwaba (geboren 1976 in Chingola, Sambia, lebt und arbeitet in Lusaka, Sambia) einen gesellschaftspolitischen Ansatz und entwickelt individuelle Erzählformen von realer oder imaginierter Geschichte, von ihren sichtbaren und unsichtbaren Spuren und von ihren Auswirkungen auf die Menschen. Im Künstlerhaus Bethanien zeigt er zwei Werkserien, die Verbindungen zwischen historischen Ereignissen und der aktuellen Situation in seinem Heimatland Sambia herstellen. Seine umfangreichste Installation „Space Project“ behandelt ein ebenso utopisches wie historisch signifikantes Ereignis, ein Weltraumprojekt Sambias aus den 1960er Jahren, zur Zeit der Unabhängigkeit des Landes. Eine weitere Werkgruppe resultiert aus dem Projekt „Chinese Cabbage“, in dem der Künstler die Auswirkungen der aktuellen ökonomischen Kolonialisierung Sambias durch China und den Umgang mit den lokalen Ressourcen Kupfer, Kobalt und Mangan beleuchtet. 

Ausbildung/Stipendien

2013FCA/CCA Lagos Ghana Residency Programme, Accra2010Watermill Artists Residency, New York2005Commonwealth Arts and Crafts Award2002–2005Zambia National Visual Arts Council Academy1998Diplom Zambia College of Agriculture Sciences

Ausgewählte Einzelausstellungen

2012Ubwile Start Foundation, 37d Gallery, Lusaka2005Crossing Over Caribbean Contemporary Arts, Port-of-Spain, Trinidad und Tobago

Ausgewählte Gruppenausstellungen

2010Fabula in Art, Museo di San Salvatore in Lauro, Rom2009Joburg Art Fair, Johannesburg2005Japan Expo 2005, Tokio


Ausstellung

Stary Mwaba – Life on Mars
6. März – 29. März 2015


Katalog

Stary Mwaba. Life on Mars, mit Essays von David Elliott und Laura Bohnenblust, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2015. (deutsch/englisch)

 

Die indische Künstlerin Prajakta Potnis (geboren 1980 in Thane, lebt und arbeitet in Mumbai) setzt sich in ihrer Arbeit mit dem Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit, von Innen und Außen, dem Verborgenen und dem Sichtbaren auseinander und legt diese Kategorien als fragile, verletzliche, sich verändernde und damit fragwürdige Konstrukte offen. Haut und Oberfläche, Wand und Membran sind dabei gleichermaßen künstlerische Materialien und Denkmodelle. In ihren Installationen und Skulpturen, aber auch in Zeichnungen und Gemälden, verfremdet Potnis alltägliche Objekte, inszeniert sie in neuen Zusammenhängen und schafft surreal anmutende Welten, die eine Orientierung des Betrachters erschweren und sich einer eindeutigen Lesart entziehen.

 


Ausstellung

Prajakta Potnis – The Kitchen Debate
10. Oktober – 2. November 2014


Katalog

Prajakta Potnis. Store in a Cool and Dry Place, mit Essays von Zasha Colah, Atreyee Gupta und Merel van Tilburg, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2014. (englisch)

Die Künstlerin Regina José Galindo (*1974 in Guatemala City, lebt und arbeitet ebenda) erforscht mit ihren Performances ethische Dimensionen von Diskriminierung und Gewalt infolge ungleicher Machtverhältnisse. Sie setzt ihren eigenen Körper existentiellen physischen und psychischen Grenzsituationen aus, bringt sich in reale Gefahr und lotet die Grenzen der Kontrollierbarkeit ihrer Versuchsanordnungen aus. Damit macht sie sich gleichermaßen zur Akteurin und zum Gegenstand ihrer Kunst. Sie fordert auch Betrachter*innen dazu heraus, Stellung zu beziehen und zu entscheiden, ob sie die Rolle von Zuschauer*innen übernehmen oder auch handeln und dadurch Macht und Verantwortung annehmen.

Die Diktatur und der Genozid in Guatemala bilden eine wichtige Referenz für ihre Arbeit. Über diesen konkreten Kontext hinaus thematisiert Galindo aber auch universelle, kollektive und individuelle Erfahrungen. Auf radikale Weise stellt sie die Frage nach der Grenze von Kunst und Leben und auch nach der Relevanz politischer Kunstpraxis.


Ausstellung

Regina José Galindo | Künstlerhaus Bethanien
mit ausgewählten Videoarbeiten im Schaufenster
31. März – 16. April 2014

Verstecken / Hide-and-Seek (Performance) | Künstlerhaus Bethanien
3. April 2014

Die Arbeitsweise der argentinischen Künstlerin Carla Zaccagnini (*1973, Buenos Aires/Argentinien, lebt und arbeitet in São Paulo/Brasilien und Malmö/Schweden) ist von einer großen Bandbreite künstlerischer Medien und Strategien geprägt, die sie projektspezifisch einsetzt. Die systematische Auseinandersetzung mit verbaler und visueller Kommunikation und die spielerische Umwandlung in neue Zusammenhänge und Bedeutungen ziehen sich leitmotivisch durch ihre Arbeit.


Ausstellung

Carla Zaccagnini – Impossible but Necessary | Künstlerhaus Bethanien
7. März – 30. März 2014

Carla Zaccagnini zeigte Zeichnungen der Serie Impossible but Necessary. Après-coup, die sie in der Anlage des Sowjetischen Ehrenmals in Berlin-Treptow anfertigte. Ihr Interesse galt Reliefs mit Kriegsillustrationen und Darstellungen von Explosionen – Momente, in denen Material seine Form verliert und die die Künstlerin als Abstraktionspunkte im Erzählverlauf versteht. Zaccagninis "Frottagen" entstanden durch das Abnehmen der Konturen mit Papier und Kohle; die Motive zeigen sich als abstrakte Formen und vollständig aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst.


Katalog

Carla Zaccagnini. The Madman Sees What He Sees, mit Beiträgen von Teresa Riccardi und Kiki Mazzucchelli, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2014. (englisch/portugiesisch)

Die Fotografien des südafrikanischen Künstlers Thabiso Sekgala (1981 – 2014) changieren zwischen nüchterner Dokumentation, beiläufiger Momentaufnahme und geradezu malerischer Komposition. Die persönliche Erfahrung, im Südafrika der Apartheid und Post-Apartheid aufzuwachsen, sensibilisierte Sekgala für die Frage nach Verortung und Zugehörigkeit. Seine Ausbildung am renommierten, von David Goldblatt gegründeten Market Photo Workshop in Johannesburg stellt seine Arbeiten in den Kontext sozialdokumentarischer Fotografie. Auch in den Arbeiten, die in Deutschland, Jordanien und Simbabwe entstanden, hinterfragt Sekgala Kategorien wie Heimat und Identität, macht ihre Fragilität bewusst und legt sie nicht zuletzt als ideologische Konstrukte offen.


Ausstellung

Thabiso Sekgala – Paradise | Künstlerhaus Bethanien
24. Januar – 16. Februar 2014


Katalog

Thabiso Sekgala. Paradise, mit Beiträgen von Simon Njami und Post Brothers, hrsg. von Nicola Müllerschön und Christoph Tannert, Dortmund: Kettler, 2014. (englisch)


Partner

Das Künstlerhaus Bethanien ist ein internationales Kulturzentrum in Berlin. Als Atelierhaus und Arbeitsstätte für professionelle Künstler*innen, vielschichtig strukturierte Projektwerkstatt und Veranstaltungsort hat es sich die Förderung der zeitgenössischen bildenden Kunst zum Ziel gesetzt.
Das Künstlerhaus dient der Begegnung und dem Austausch von Künstler*innen aus unterschiedlichen Bereichen und Kulturkreisen sowohl untereinander als auch mit einem interessierten Publikum. Hierfür verfügt es über vielfältige Vermittlungswege, wie etwa die monatlich stattfindenden Ausstellungseröffnungen, gezielt vermittelte Atelierbesuche und mehrmals im Jahr stattfindende Rundgänge („Open Studios“). Schwerpunkt seines breit gefächerten Aufgabenbereichs ist das Internationale Atelierprogramm, in dem Jahr für Jahr Künstler*innen aus der ganzen Welt mit der Unterstützung des Künstlerhaus-Teams Projekte ausarbeiten und präsentieren.

Weiter zum Künstlerhaus Bethanien.

 



Programmleitung

Daniela Leykam
 


Bildnachweise:

01. Bild: Quelle: Künstlerhaus Bethanien, Urheber / Fotograf: Georg Schroeder
02. Bild: Quelle: Künstlerhaus Bethanien, Urheber / Fotograf: Georg Schroeder
03. Bild: Quelle: Carla Zaccagnini, Urheber / Fotograf: Runo Lagomarsino und die Künstlerin
04. Bild: Hinweis zum Kunstwerk/Künstler finden Sie direkt unter dem Bild
05. Bild: Hinweis zum Kunstwerk/Künstler finden Sie direkt unter dem Bild